Jeder Abstieg in die Unterwelt kann einen neuen Schatz an die Oberfläche bringen. Mein zweiwöchiges Malad-Sein hat mich gelehrt, wieder mehr an Bitterstoffe zu denken und diese alte Heilkunst für mich neu zu aktivieren. Ja, es ist einfach Absinthium, Gentiana und andere in der Apotheke zu holen. Es ist eine andere Form der Heilkunst, wenn ich mir die Mühe mache, in den Kräuterbüchern zu lesen und dann aus verschiedenen Heilkräutern einen ganz persönlichen Stärkungswein zusammenzustellen. Die folgende Rezeptur ist für alle gedacht, die Freude am Ausprobieren haben und um die spezielle Kraft des Selbstgemachten wissen. Die Zubereitung mit Wein ist eine traditionelle Herstellung von Heilmitteln. Sie ist auf Grund der Inhaltsstoffe des Weines gut für Bittermittel geeignet.
Ich lade Dich ein, die Wirkung der hier angegebenen Pflanzen nachzulesen (ausführliche Beschreibungen würde den Umfang dieses Beitrags sprengen) und für Dich zu entscheiden, welche Heilpflanze Du in Deinen Kräuterwein aufnehmen möchtest. Möglicherweise fügst Du für Dich auch eine andere, für Dich passendere Pflanze hinzu oder Du lässt etwas weg. Diese Zusammenstellung hier unten zielt auf den Stoffwechsel und speziell die Blutbildung.
Alle hier aufgeführten Zutaten findet man in gut sortierten Kräuterläden oder aber hier: www.kraeuterschulte.de. Hier kannst Du auch über die Kräuter nachlesen, wie auch in der Wikipedia oder anderen Kräuter-Foren. Wenn verfügbar, ist die Bioqualität vorzuziehen. Manche Kräuter sind Wildsammlung und daher gibt es keine Bio-Siegel dafür.
Zusammenstellung der Rezeptur:
- Wermut 5 gr
- Brennnessel 15 gr
- Drachenkopf (blau blühende Melisse aus Osteuropa – ersatzweise Melissenblätter) 15 gr
- Silbermantelkraut (Silberfrauenmantel) 10 gr. kann mit „einfachem“ Frauenmantel ersetzt werden. Silberfrauenmantel ist relativ teuer – Wildsammlung per Hand und sehr kleine Blätter …
- Schisandrafrüchte 15 gr
- Moschuskraut mit Blüten (Bergschafgarbe oder Ivae) 15 gr. Auch diese kann mit der „einfachen“ Schafgarbe (Kraut plus Blüten) ersetzt werden
Diese Kräuter werden in zwei Flaschen 0,75 ( also 1,5) Liter Rotwein (ein trockener mit viel Körper ist am besten geeignet, um ein schmackhaftes Ergebnis zu erzielen) zusammen mit 100 gr. Korinthen aufgekocht, fünf Minuten leise köcheln lassen und dann den Sud abkühlen lassen. Der Sud wird praktisch keinen Alkohol mehr enthalten, das ist gewollt. Der komplett abgekühlte Sud wird abgeseiht. Jetzt abschmecken, eventuell zum Süßen noch etwas Honig zugeben. In eine Flasche füllen und im Kühlschrank aufbewahren. Der Geschmack wird mit der Zeit runder und weicher.
Ich nehme täglich 2×1 Teelöffel auf 1/2 Glas Wasser morgens und mittags ein.
Die ersten Tage hatte ich Zweifel, ob ich diesen bitteren Drink drei Monate lang einnehmen würde. Ich hatte mir 100 Tage vorgenommen, die Zeit, die rote Blutkörperchen brauchen um neu heranzureifen. Diesen Prozess wollte ich mit dem stärkenden Bittermittel begleiten. Ich gewöhnte mich jedoch schnell an den Geschmack und schätze ihn jetzt von Tag zu Tag mehr.
Es gab noch eine zweite, bittere Hürde zu nehmen: die ersten Tage fiel meine Laune in den Keller. Die Bitterstoffe räumten gründlich im emotionalen Stübchen auf. Doch nach einer Woche war der Spuk verflogen. Heute fühle ich mich fitter denn je, packe schneller Dinge an, die darauf warten erledigt zu werden, bin deutlich weniger müde und kann jetzt viel besser nachvollziehen, warum die alten Heiler/innen immer so sehr auf Bittermittel achteten.
Da mittlerweile aus vielen Gemüsen und Salaten gerade die Bitterstoffe weggezüchtet werden, dafür in immer mehr Lebensmitteln „weiche“ Geschmackskomponenten, wie z. B. Vanillin, enthalten sind, bin ich der Meinung, dass wir selbst für die bitteren Vitalstoffe sorgen müssen, um leichter und beschwingter unseren Alltag zu meistern.